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Gebäudemodernisierung

Der Freiburger Irrweg! Warum Soziale Erhaltungssatzungen nicht als Lösung taugen

Freiburg hat – wie viele andere Städte auch – das Problem, dass Wohnraum knapp und teuer ist. Daher sucht man verzweifelt nach Auswegen und kopiert dabei auch gerne vermeintliche Lösungen anderer Kommunen. So in Freiburg geschehen bei den sog. Sozialen Erhaltungssatzungen, die für diverse Stadtteile bereits in Kraft oder in Vorbereitung sind.

Was sind Soziale Erhaltungssatzungen?

Das Ziel einer Sozialen Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB besteht darin, die Wohnbevölkerung vor Verdrängungsprozessen zu schützen, die durch aufwendige Modernisierungen in Wohngebäuden verursacht werden. Vorhandener Wohnraum in Gebieten mit Sozialen Erhaltungssatzungen darf nicht in einer Weise verändert werden, dass er für die im Gebiet ansässigen Bevölkerungsgruppen nicht mehr geeignet ist. Deshalb stehen

  • Rückbau,
  • Nutzungsänderungen und
  • Änderungen baulicher Anlagen
unter einem Genehmigungsvorbehalt der Stadt.

Welche Auswirkungen hat das konkret?

Für Gebäude, die im Bereich einer Sozialen Erhaltungssatzung liegen, gilt, dass jede bauliche Veränderung einer vorherigen Genehmigung durch die Stadt Freiburg bedarf. Die Satzung greift schon, wenn z. B. bei einem Mieterwechsel nur der Boden ausgetauscht wird. Weitergehende Veränderungen wie z. B. neue Bäder oder eine neue Elektroinstallation, neue Fenster, Grundrissänderungen oder Sanierungen/Modernisierungen am Gebäude oder der Gebäudetechnik sind ohnehin genehmigungspflichtig.

Die Genehmigungsanträge müssen vor Durchführung der Arbeiten gestellt werden. Arbeiten ausschreiben und vergeben darf ein Vermieter also erst, wenn die Genehmigung seitens der Stadt vorliegt. Die Stadtverwaltung hat für die Beantragung einer jeden Maßnahme einen umfänglichen Fragenkatalog entwickelt. Er ist bei einem Wohnungswechsel detailliert auszufüllen. Alleine das wirkt abschreckend! In keinem Fall dürfen Maßnahmen ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt werden. Sonst drohen Bußgelder in empfindlicher Höhe. Was wird die Folge sein? Bei einem Mieterwechsel wird ein Eigentümer nur das Notwendigste beantragen, zumal die Genehmigungsvordrucke aus drei Dokumenten mit sieben Seiten bestehen!

Besonders bedenklich: ein Vordruck animiert zum Verzicht auf die sog. Genehmigungsfiktion. Laut Gesetz wäre eine Maßnahme nach Einreichung der Antragsunterlagen binnen eines Monats genehmigt, wenn die Stadt sich hierzu nicht äußert. Die Stadt droht aber unverhohlen damit, dass man eine Antragszurückweisung wegen unvollständiger Unterlagen riskiert, sollte man auf die Genehmigungsfiktion nicht verzichten. Verzichtet aber ein Eigentümer, ist für ihn auf der Zeitachse völlig unklar, wann er mit einer Genehmigung der Stadt rechnen kann. Da der Wiedervermietungszeitpunkt somit ebenfalls ungewiss ist, droht zwangsläufig Wohnungsleerstand!
Eine weitere Folge der ausufernden Satzungen ist die Schwächung der Klimaschutzziele in den betroffenen Stadtteilen. § 172 Abs. 4 BauGB regelt, dass nur Maßnahmen zu genehmigen sind,

„wenn die Änderung einer baulichen Anlage der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes oder der Energieeinsparverordnung ... dient"

Aus anderen Städten ist bekannt, dass wirklich nur das Nötigste genehmigt wird. Mindeststandards eben. Das bedeutet: hätte man als Eigentümer die Chance, durch interessante KfW-Förderprogramme einen höheren Standard zu verwirklichen, fällt das ins Wasser. Sieht so Klimaschutz aus?

(Energetische) Gebäudesanierungen werden ausgebremst

Spinnt man diesen Gedanken weiter, bedeutet das: alle Stadtteile mit Sozialen Erhaltungssatzungen werden künftig für höherwertige energetische Sanierungen nicht mehr in Frage kommen. Für private Vermieter wird sich das nicht als Motivationsschub auswirken, künftig verstärkt energetische Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Auch „normale“ Erhaltungsmaßnahmen wird man sich angesichts der Genehmigungspflicht gut überlegen müssen.
Die Stadt Freiburg verrät damit ungeniert die eigenen klimapolitischen Ziele! Im Klimaschutzkonzept der Stadt FR steht wörtlich:

„Privates Kapital von selbstnutzenden Gebäudeeigentümer*innen oder Kleinvermieter*innen kann auch in Freiburg schwer für die Sanierung der Gebäude in Privatbesitz mobilisiert werden ..."

Das Umweltschutzamt geht davon aus, dass Freiburg zur Verwirklichung der klimapolitischen Ziele im Gebäudebestand eine Sanierungsquote von 5 % bräuchte. Wie soll denn unter solchen Voraussetzungen der Klimaschutz vorangebracht werden? Statt den Eigentümern regulatorische Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wäre es weit sinnvoller, die privaten Eigentümer aktiv zu Investitionen in den Gebäudebestand zu motivieren. Die Sanierungsquote wird in den Satzungsgebieten eher fallen statt ansteigen. Die viel zitierte „Verhinderung von Luxusmodernisierungen“ scheint ein veritabler Vorwand zu sein, jegliche Art von Investitionen in den Gebäudebestand auszubremsen. Dahinter dürfte das Kalkül stecken, dass der Drang zu Mieterhöhungen nicht so hoch ist, wenn in die Gebäude nichts investiert wird.
Es gibt sicher schwarze Schafe unter den Investoren. Aber dann muss man gezielt bei diesen ansetzen und kann nicht deshalb alle Eigentümer unter Generalverdacht stellen. Haus & Grund-Mitglieder stehen nachweislich für langfristige Mietverhältnisse zu moderaten Konditionen und nicht für „Luxusmodernisierungen“. In den offiziellen Verlautbarungen der Stadt findet sich aber regelmäßig der Satz, dass man einer Mieterverdrängung durch „Luxusmodernisierungen“ vorbeugen möchte. Aber wie häufig kommt das denn vor? Luxusmodernisierungen sind schlicht Panikmache, Potemkinsche Dörfer!

Es ist einem Eigentümer kaum zu vermitteln, dass er künftig eine Genehmigung einholen muss, wenn er in einer Mietwohnung nach 20 Jahren den verschlissenen Bodenbelag austauschen will. Eine Maßnahme, zu der er – nebenbei bemerkt – nach § 535 Abs.1 BGB verpflichtet ist. Wahrlich ein Irrsinn!

RA Stephan Konrad
Syndikusrechtsanwalt – Geschäftsführer