Mitgliederversammlung 2022 von Haus & Grund Freiburg

Die Wohnungspolitik der neuen Ampel-Koalition in der Kritik

Zum 7. Mal fand die Mitgliederversammlung von Haus & Grund Freiburg im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses am Münsterplatz statt. Nach zwei Corona-Jahren mit vielen Beschränkungen und überschaubarem Besuch war es großartig, endlich wieder eine Mitgliederversammlung unter Beteiligung sehr vieler Mitglieder zu erleben.

Die Wohnungspolitik der neuen Ampelkoalition

Der Verbandsvorsitzende Manfred Harner dankte den erschienenen Mitgliedern für ihr Kommen und ging in seiner Rede zunächst auf das Ergebnis der Bundestagswahl 2021 ein. Eine Wohnungspolitik habe - so Harner - bislang noch nicht stattgefunden, wenn man einmal vom aktuellen Vorstoß zur Regelung der Klimaabgabe zwischen Mieter und Vermieter absehe. Schuld daran sei aber nicht der Koalitionsvertrag. Dieser enthalte eine ganze Menge von Regelungen. Problematisch sei die nach wie vor prekäre Corona-Situation und der aktuelle Ukraine-Krieg.

Flüchtlingsunterbringung

Harner begrüßte das Engagement vieler Mitglieder bei der Flüchtlingsunterbringung. Gleichzeitig nahm er den Staat in die Pflicht, auch die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Dies betreffe den Kündigungsschutz, der bei Mietverhältnissen mit Geflüchteten uneingeschränkt gelte, wie auch die steuerliche Situation. Wer von Menschen, die sowieso nichts mehr hätten, keine Miete verlangen wolle, dürfe nicht auch noch den Werbungskostenabzug vom Finanzamt versagt bekommen.

Haus & Grund - so Harner - setze sich mit Nachdruck dafür ein, dass es in der aktuellen Situation hiervon Ausnahmen geben müsse. Die bestehende Hilfsbereitschaft sollte nicht durch Gesetze erschwert werden.

CO2-Abgabe

Harner nahm auch die CO2-Abgabe ins Visier. Das von der Ampelkoalition verabschiedete Zehn-Stufen-Modell soll Anfang 2023 in Kraft treten. Bislang war von einer hälftigen Aufteilung die Rede. Harner kritisierte, dass die neue Regelung in vielen Fällen dazu führen werde, dass der Hauseigentümer und Vermieter 90% der Klimaabgabe des Mieters tragen müsse. Dies schon allein deshalb, weil eine klimaneutrale Wärmeversorgung in vielen bestehenden Gebäuden gar nicht möglich sei. Bei den derzeit explodierenden Energiepreisen müsse die CO²-Abgabe wieder abgeschafft, zumindest vorübergehend ausgesetzt werden.

Grundsteuerreform

Die Grundsteuerreform - so Harner - komme in Baden-Württemberg zwar voran. Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigte sind danach verpflichtet, noch in diesem Jahr eine entsprechende Steuererklärung abzugeben. Problematisch sei aber, dass dies elektronisch zu geschehen habe. Harner wies darauf hin, viele Mitglieder damit überfordert sein dürften, wenn sie noch nie mit einer Abgabe der Steuererklärung per ELSTER befasst waren.

Einen weiteren Kritikpunkt betraf die Umlagefähigkeit der Grundsteuer, die bislang nach der Betriebskostenverordnung uneingeschränkt umlagefähig ist. Ob die Grundsteuer weiterhin umgelegt werden könne, sei laut Harner durchaus zweifelhaft. Der Ampel-Koalition sei auch eine Einschränkung der Umlagefähigkeit zuzutrauen.

Ausblick

Zusammenfassend stellte Harner fest, dass die neue Wohnungspolitik der Ampel-Koalition die Eigentümer in den nächsten vier Jahren weit über das normale Maß hinaus beschäftigen wird. Er versicherte aber den Anwesenden, dass Haus & Grund bei jeder einzelnen Maßnahme am Ball bleiben und die Interessen der Eigentümer vertreten wird.

Mitgliederversammlung 2022 - Harner

Verbandsvorsitzender Manfred Harner bei seiner Begrüßungsrede

Mitgliederversammlung 2022 - Konrad

Geschäftsführer Stephan Konrad bei seinem Geschäftsbericht

Mitgliederversammlung 2022 - Oberkirch

Bilanzbericht durch den stv. Verbandsvorsitzenden Benedikt Oberkirch

Geschäftsbericht 2021

In seinem Geschäftsbericht beleuchtete Geschäftsführer Stephan Konrad das Geschäftsjahr 2021, das erneut stark von der Corona-Pandemie dominiert war. Er verdeutlichte, dass es während der Pandemie zahlreiche und z.T. auch widerstreitende Interessen zu befriedigen galt. Bei der Organisation des Geschäftsbetriebs im Verbandshaus waren auch viele arbeitsrechtliche Vorgaben zu beachten.

Immer wieder mussten kurzfristig Entscheidungen gefällt und Maßnahmen getroffen werden, um den Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Mitglieder zu gewährleisten. Dies auch vor dem Hintergrund, den Geschäftsbetrieb und das Beratungsangebot möglichst (lange) aufrecht erhalten zu können. Die Gefahr von Quarantäneanordnungen war auch 2021 allgegenwärtig.

Bewährt hatte sich, dass die Beratung bereits 2020 auf Telefon und E-Mail umgestellt wurde. Auch von der neu eingeführten Videoberatung wurde häufig Gebrauch gemacht. Das Beratungsvolumen hat 2021 - wie bei anderen Verbänden auch - zwar leicht abgenommen. Gleichzeitig war aber ein intensiverer Beratungsbedarf zu beobachten. Konrad dankte an dieser Stelle ausdrücklich den Mitgliedern, die die Einschränkungen und Änderungen bei der Beratung geduldig mitgetragen haben. Trotz Pandemie konnte 2021 als neuer Service die Erbrechtsberatung neu eingeführt werden. Sie wird von den Mitgliedern sehr gut angenommen und soll eine erste Orientierung in erbrechtlichen Fragen bieten.

Konrad wies auch darauf hin, dass sich während der Pandemie die rechtlichen Rahmenbedingungen in nie gekannter Geschwindigkeit verändert haben. Alleine die Corona-Verordnung des Landes wurde über 40 Male verändert. Teilweise kamen die Regelungen sprichwörtlich über Nacht. Bei Widersprüchen im Regelwerk half nur der Umweg über Landtagsabgeordnete, um Antworten zur Auslegung der Corona-Verordnung zu bekommen. Immerhin 130.000 Male wurde – so Konrad – das spezielle Corona-Merkblatt für Eigentümer und Vermieter von Haus & Grund Freiburg heruntergeladen, das nach jeder Änderung der Corona-Verordnung überarbeitet wurde.

Als wäre Corona nicht genug an Herausforderung gewesen, musste 2021 auch noch eine Cyberattacke überstanden werden. Sie hatte das Ziel, Haus & Grund Freiburg zu erpressen. Zum Glück haben die EDV-Sicherheitssysteme Schlimmeres verhindert. Zudem wurde das Verbandshaus im November im Zuge einer Gebäuderäumung in der Gartenstraße, die mit Haus & Grund überhaupt nichts zu tun hat, mit Farbbomben attackiert. Es entstand erheblicher Sachschaden. Leider konnten die Täter nicht ermittelt werden.

Statt sich mit Attacken auf die EDV oder Farbschmierereien zu beschäftigen, hätte man 2021 - so Konrad - lieber das 125jährige Jubiläum von Haus & Grund Freiburg ausgiebig mit den Mitgliedern gefeiert. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gab es dennoch zahlreiche Aktionen. Vom Gewinnspiel bis hin zu mehreren Kollektivanzeigen in der Presse.

Corona hat zwar viele Dinge erschwert, aber nicht alles zum Erliegen gebracht. Auch die politische Arbeit nicht. Leider nicht zu verhindern war die Soziale Erhaltungssatzung Stühlinger, die während des Lockdowns vom Gemeinderat schon fast heimlich abgesegnet wurde. Eine Satzung, die aus

Sicht von Haus & Grund die Eigentümerrechte unnötig beschneidet und neue bürokratische Hemmnisse auftürmt. Aus der Praxis wurde bereits ein Fall bekannt, bei dem die Stadt im Rahmen einer zu genehmigenden Wohnungssanierung selbst die Anzahl der Steckdosen moniert hat. Dies ist kaum noch zu vermitteln! Noch ist aber nicht bei allen die Einsicht eingekehrt, dass Soziale Erhaltungssatzungen die betroffenen Stadtteile in ihrer Entwicklung nachhaltig beeinträchtigen werden. Auch der seit der Bundestagswahl noch stärker in den Fokus gerückte Klimaschutz wird hierdurch erschwert!

Regelmäßig wurden im Berichtsjahr Medieninformationen zu relevanten, aktuellen wohnungspolitischen Themen an die Presse herausgegeben. So z.B. zur Grundsteuer oder zur Aufteilung des CO2-Preises. Haus & Grund Freiburg hat bei diesem Thema auch die lokalen Bundestagsabgeordneten in die Pflicht genommen. Letztendlich führte der konzertierte Widerstand der Haus & Grund Verbände dazu, dass das Thema 2021 von der politischen Tagesordnung genommen wurde. Leider hat die Ampelkoalition das Thema 2022 wieder aufgegriffen und mit dem 10-Stufen Modell eine komplizierte und ungerechte Lösung verabschiedet.

Eine Änderung hat Corona auch bei den Seminarveranstaltungen mit sich gebracht. Da Präsenzveranstaltungen über weite Strecken überhaupt nicht zulässig waren, wurden div. Online-Veranstaltungen in Kooperation mit anderen großen Haus & Grund Verbänden (z.B. Bonn und Frankfurt) angeboten.

Die Mitgliederentwicklung war im Berichtsjahr erneut sehr erfreulich. Konrad wies darauf hin, dass die Mitgliederzahl im Jahr 2021 um 196 Mitglieder gesteigert werden konnte. Das beste Ergebnis im Landesverband Haus & Grund Baden!

Erläuterung des Jahresabschlusses 2021

In seiner Erläuterung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung ging der stellvertretende Verbandsvorsitzende, Benedikt Oberkirch, auf die Geschäftszahlen des Jahres 2021 ein. Er konnte aufgrund des guten Jahresabschlusses, der auf dem Niveau des Vorjahres liegt, ein positives Fazit ziehen. Haus & Grund Freiburg ist solide aufgestellt!

Kassenprüfung – Entlastung des Vorstands

Monika Strub hatte es - wie im Vorjahr - übernommen, die Kasse des Verbands zu prüfen. Sie stellte fest, dass eine geordnete Buchhaltung vorliegt. Es gab keinerlei Beanstandungen. Der Vorstand wurde deshalb von den anwesenden Mitgliedern einstimmig entlastet.

Mitgliederversammlung 2022 - Melcher

Referent RA Patrick Melcher

Mitgliederversammlung 2022 - Strub

Kassenprüferin Monika Strub

Vortrag von Rechtsanwalt Patrick Melcher

In einem engagierten Vortrag ging Rechtsanwalt Patrick Melcher auf das Thema „Schenken (vererben) mit warmer Hand“ ein und erläuterte mit anschaulichen Beispielen die komplizierte Materie. Die Themen Erben und Vererben sind in unserer Gesellschaft - so Melcher - vielfach mit einem Tabu belegt: weder über den eigenen Tod noch über das Thema Geld wird gerne nachgedacht, geschweige denn gesprochen. Dabei stellt sich oft die Frage, ob die Immobilie oder auch Geld nicht bereits zu Lebzeiten „mit warmer Hand“ auf die Kinder übertragen werden sollte. All zu gerne schiebt man das Thema vor sich her.

Rechtsanwalt Melcher ging in seinem Vortrag auf viele Fragen ein, die Immobilieneigentümer bewegen: Kann man trotz Übertragung des Hauses weiter in der Wohnung wohnen bleiben? Bleibt geschenkt, geschenkt, oder kann man sich das Geschenk zurückholen? Wie wirkt sich die Schenkung im Erbfall aus? Müssen bei einer Übertragung Steuern gezahlt werden? Die zahlreichen Nachfragen aus dem Publikum haben deutlich gezeigt, wie wichtig das Thema ist. Der Vortrag hat den Nerv der Zeit getroffen und viele Mitglieder offenkundig dazu angeregt, sich mit den Fragen einer Schenkung bzw. der erbrechtlichen Regelung des Nachlasses zu beschäftigen.

Schlusswort

In seinem Schlusswort bedankte sich Harner nochmals bei allen Anwesenden für ihr zahlreiches Kommen und lud zum Umtrunk in die Räume des Histor. Kaufhauses ein. Viele Mitglieder machten davon Gebrauch. Es war deutlich spürbar, dass der persönliche Austausch in der Corona-Zeit deutlich auf der Strecke geblieben war. Zahlreiche Mitglieder nutzten daher die Gelegenheit zum intensiven persönlichen Austausch bei Häppchen und einem Glas Wein.

Stephan Konrad
Geschäftsführer